Eine wahre Begebenheit, wie ein Quereinsteiger zur Freiwilligen Feuerwehr kam und nun ein fester Teil der Gemeinschaft geworden ist. Mit dem Umzug in die kleine Gemeinde Tespe suchte Thorsten Fellmann Anschluss an das Ortsleben. Hier beschreibt er, was ihn motiviert hat beizutreten und wie er die Freiwillige Feuerwehr kennengelernt hat.
Eine wahre Begebenheit, geschehen im Ort Tespe
Im Sommer 2016 haben meine Frau, meine 6 Monate alte Tochter und ich uns entschieden, aus Hamburg ins Umland zu ziehen – und stießen auf den Ort Tespe, unsere neue Heimat am Deich. Frisch angekommen musste ich mich natürlich erst einmal informieren, was meine neue Wahlheimat an Gesellschaftsleben zu bieten hat und stieß auf verschiedenste Vereine und Gruppierungen in der gesamten Elbmarsch – darunter auch die Freiwillige Feuerwehr.
„Mensch“, dachte ich mir, „ist ja toll, dass sich ein Ort wie Tespe eine Feuerwehr leisten kann“. Mehr aus Neugier besuchte ich also die Homepage (www.feuerwehr-tespe.de) und las mich in das Thema ein. Plötzlich wurde mir klar, wie sich ein Dorf wie Tespe eine eigene Wehr leisten kann: Alle Feuerwehrmitglieder arbeiten hier ehrenamtlich und bekommen keinen Cent für ihre Arbeit. Und dann war da noch dieser kleine Button auf der Webseite: „Stell dir vor, du drückst und alle drücken sich“… Was sollte denn das heißen? Nach kurzer Recherche war schnell klar: Hier gibt es gar keine andere Feuerwehr! Wenn es brennt, müssen die freiwilligen Feuerwehren ausrücken, Berufsfeuerwehren sind erst in großen Städten Pflicht… und plötzlich überkam mich das Gefühl, dass von dieser Truppe unter Umständen ja auch das Leben meiner Familie abhängen kann. Schnell war mir klar: Die will ich unterstützen!
Ein Gespräch mit dem Ortsbrandmeister
Einen Förderverein scheint es zu geben, eine aktive Wehr, Altersabteilung, Jugend usw., aber wie soll das überhaupt aussehen und wo genau soll ich denn bitte mit meinen 35 Jahren anfangen? Wenn man das Feuerwehrauto nur aus Kinderbüchern, als Spielzeugauto und aus den Nachrichten kennt, dann ist der innere Schweinehund doch größer als man denkt. Aber Ausreden zählen nicht! Noch einmal das Bild der Familie in den Kopf gerufen und zum Telefon gegriffen, einen Ortsbrandmeister (Was ist denn das?) angerufen und völlig kleinlaut mein Anliegen erklärt: Neu, ahnungslos, unwissend aber motiviert sucht Informationen zwecks Engagement. Ein freundliches Lachen und Herr „nenn mich Bernd, wir sind schließlich alle Kameraden!“ Block bot an, mich einfach mal zu besuchen und mir zu erzählen, worum es bei der ganzen Sache geht.
Während unseres Termins wurde dann schnell klar: Freiwillige Feuerwehr ist so ganz anders als ich mir das vorgestellt habe. Es sei es eine bunte Truppe, viele verschiedene Charaktere unterschiedlichster Alters- und Ausbildungsstufen, die eines eint: gemeinsam eine leistungsfähige Feuerwehr aufzustellen, die im Ernstfall professionelle Brandbekämpfung und Hilfeleistung gewähren kann. Dazu gehört eine Menge persönliches Engagement, gerade was Fortbildungen und Übung angeht. Meine Angst, ob ich zu alt oder zu untrainiert sei, wurde mir schnell genommen: „Schau es Dir doch einfach an, ob Du zu uns passt und wir zu Dir! Wir treffen uns jeden 1. Mittwoch im Monat zur Gesamtwehrübung und sonst mittwochs für freiwillige Übungen.“
Feuerwehr zum Erleben und Anfassen
Gesagt, getan! Am Mittwoch ging es also erstmalig auf zur Feuerwehr und ins Ungewisse. Und was erwartete mich da? Feuerwehr zum Erleben und Anfassen – ein herzliches Willkommen und ein Haufen verrückter Menschen mit großem Herz. Es gab kein Auslachen für meine Ahnungslosigkeit, keine dummen Sprüche über meine technischen Wissensdefizite – vielmehr die große Bereitschaft, mich für die Feuerwehr zu begeistern: das erste Mal in ein Feuerwehrauto einsteigen, die Pumpe aus der Nähe sehen, das ganze Gerät begutachten, von Einsätzen erzählt bekommen – und zack waren drei Stunden im Flug vorbei und mir klar: Da willst Du mitmachen – so aktiv wie möglich! Also gleich noch einmal den Ortsbrandmeister angerufen und gebeichtet: Erster Eindruck super, was soll ich tun? Antwort: Einfach mittwochs kommen und Augen und Ohren aufhalten! So ging es also die nächsten Wochen los: Mindestens einer von der Truppe nahm sich immer meiner an und zeigte mir in Ruhe alle Geräte – ganz ohne Druck und einfach nebenbei. Am dritten Abend kam auch schon meine Ausrüstung: Schutzanzug, Handschuhe, Stiefel, Helm und „Ausgehuniform“.
Grundausbildung und Praxis
Dann sollte meine offizielle Grundausbildung schnell starten: Ein Erste-Hilfe-Kurs und dann der Truppmann I – die erste Ausbildungsstufe, die jeder Anwärter durchläuft, um ein Grundverständnis für die gesamte Materie zu bekommen. Wie läuft ein Einsatz ab? Was für Geräte liegen eigentlich auf einem solchen Auto? Wo kommt denn das Wasser her und wie viel kann ich entnehmen? Wie knote ich jemanden sicher fest und seile ihn oder mich aus größerer Höhe ab? Wie rette ich jemanden aus einem verunfallten Fahrzeug? Wie gehe ich mit Chemikalien um? Wie verteidige ich den Deich im Notfall? Und nicht zuletzt: Wie schütze ich mich am besten in solchen Situationen? 1000 und mehr Fragen wurden gestellt und beantwortet – dienstags und donnerstags Abend, von Ausbildern, die mit Spaß an der Sache wie alle ihre Freizeit investieren. Samstags dann die Praxis: das erste Mal Abseilen, gesichert mit dem eigenen Knoten, das erste Mal mit Blaulicht zum simulierten Einsatz und richtig „löschen“, das erste Mal einen Feuerlöscher ausprobieren, das erste Mal Funken und so vieles mehr…
Prüfung bestanden
Am Schluss der 5-wöchigen Ausbildung (die auch neben dem Beruf funktioniert hat) war dann die Abnahme durch die Prüfer – der gesamte Kurs hat bestanden. Puh!. Aber wer denkt, dass die Ausbildung jetzt vorbei ist, der irrt: Jetzt geht es erst richtig los! Wer möchte, kann so vieles lernen, das sollte man sich nicht entgehen lassen. Funkerlehrgang? Maschinistenlehrgang? Atemschutzgeräteträgerlehrgang? Die Möglichkeiten sind quasi unbegrenzt und das Einzige, was Du investieren musst, ist Deine Zeit. Und ganz nebenbei: Die Ausbildungen und Fortbildungen der Feuerwehr sind bei vielen Arbeitgebern hoch anerkannt und bei einigen bereits Einstellungsvoraussetzungen!
Also, einfach vorbeikommen, diesen Mittwoch 19 Uhr, am Gerätehaus der Feuerwehr. Keiner beißt, der Haufen ist locker und herzlich und das Ehrenamt kann Spaß machen und erfüllend sein. Und wer keine Zeit hat sich aktiv zu beteiligen, wird einfach Mitglied im Förderverein – denn jede Hilfe zählt!